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Wird die Eigenbedarfskündigung mit der Pflegebedürftigkeit der Bedarfsperson begründet, ist der Vermieter zur detaillierten Darlegung dieser Bedürftigkeit verpflichtet. Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Eigenbedarfskündigung können sich ergeben, wenn Indizien auf eine Verkaufsabsicht des Vermieters hindeuten.
Mit Urteil vom 15.03.2023 (Az.: 21 C 50/23) hat das Amtsgericht Berlin-Mitte entschieden, dass bei Zweifeln am Eigennutzungswunsch die Kündigung unwirksam ist.
Unglaubhafte Eigenbedarfsbegründung
In dem zu entscheidenden Fall bestand zwischen den Parteien ein Mietverhältnis. Durch eine Zusatzvereinbarung verzichtete der Vermieter auf sein Recht zur Kündigung wegen Eigenbedarfs bis zum 30.09.2020.
Die Kündigung des Mietverhältnisses erfolgte durch den Vermieter am 30.09.2020 aufgrund von Eigenbedarf. Er machte geltend, dass seine Schwiegermutter an Demenz erkrankt sei und eine 24/7 pflegerische Betreuung benötige, die in der streitgegenständlichen Wohnung günstiger und qualitativ besser realisierbar sei als in einer Pflege-Wohngemeinschaft.
Die Mieter bestritten den Eigenbedarfswunsch und führten an, dass die Wohnung weder altersgerecht noch eine Betreuung in den streitgegenständlichen Räumen günstiger sei. Zudem diene die Kündigung in Wirklichkeit dem Verkaufsinteresse des Vermieters, da die Wohnung bereits zuvor zum Verkauf angeboten worden sei.
Die Entscheidung des Gerichts
Das AG Berlin-Mitte wies die Klage der Vermieterin ab.
Neben Zweifeln an der Wirksamkeit aufgrund des vorherigen Verzichts auf das Kündigungsrecht wog vor allem die unzureichende Darlegung des Eigenbedarfs schwer. Erschwerend kam hinzu, dass die vorliegenden Umstände hinsichtlich der Begründung des Eigenbedarfs widersprüchlich waren.
Aufgrund der mehrfachen Besichtigung der Wohnräume durch Makler und Kaufinteressenten lag es nahe, dass der Vermieter zusätzlich die Absicht hegte, die Wohnung zu veräußern.
Auch wurde nicht ausreichend dargelegt, inwieweit die Wohnung den Bedürfnissen einer pflegebedürftigen Person entsprach, sodass es an der Ernsthaftigkeit des vorgeschobenen Nutzungswillen des Vermieters fehlte.
Die Kündigung wurde folglich als unwirksam erachtet und die Klage des geltend gemachten Anspruchs auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung wurde vollumfänglich abgewiesen.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil unterstreicht die strengen Anforderungen die an die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung gestellt werden. Vermieter müssen einen ernsthaften und konkret nachweisbaren Nutzungswillen haben, um eine solche Kündigung wirksam aussprechen zu können. Insbesondere bei einer Begründung mit der Pflegebedürftigkeit einer Person müssen alle relevanten Fakten sorgfältig dargelegt werden, um eine erfolgreiche Durchsetzung der Kündigung zu gewährleisten.
Sollten Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Eigenbedarfs bestehen, zum Beispiel durch Indizien einer Verkaufsabsicht, kann die Kündigung vom Gericht als unwirksam erklärt werden. Daher ist eine sorgfältige und überzeugende Dokumentation seitens des Vermieters unerlässlich, um mögliche rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden.