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Handel mit Drogen: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

von Fabian Bagusche

Ist die Räumung einer Wohnung nach einem rechtskräftigen Urteil unabwendbar, sieht das Gesetz für die Mieter die Möglichkeit vor, Räumungsschutz zu beantragen. Hierdurch besteht die Gelegenheit die Räumung zumindest aufzuschieben und damit Zeit zur Genesung oder zum Finden einer neuen Wohnung zu gewinnen. Für Mieter mit geringem Einkommen besteht über die Prozesskostenhilfe darüber hinaus die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung zur gerichtlichen Durchsetzung bzw. Verteidigung von Rechten. An die Gewährung einer Prozesskostenhilfe sind allerdings einige Voraussetzungen gebunden. Darunter auch die Voraussetzung, dass in der Hauptsache hinreichende Erfolgsaussichten gegeben sind. Die Entscheidung muss demnach davon abhängen, dass schwierige Rechtsfragen beantwortet werden müssen.

Es besteht jedoch die Problematik, ob im Rahmen eines Räumungsrechtstreits isoliert für die Stellung eines Antrags auf Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Diese Problematik kann insbesondere dann relevant werden, wenn zwar hinsichtlich der Rechtsverteidigung der Mieter gegen den Räumungsanspruch keine Erfolgsaussichten bestehen, die Gewährung einer Räumungsfrist im Rahmen eines klagestattgebenden Urteils aber gegebenenfalls in Betracht kommt. Mit dieser Frage musste sich schließlich das Landgericht München befassen (Beschl. v. 3.7.2022 – 14 T 2020/22).

Der Fall vor Gericht

Nach einem Polizeieinsatz wurde in der Wohnung der Mieter Marihuana gefunden. Daraufhin kündigten die Vermieter das Mietverhältnis mit den Mietern fristlos gemäß § 569 Abs.2 BGB i.V.m. § 543 Abs.1 BGB. Die Mieter legten gegen die Kündigung Widerspruch ein, mit der Begründung, dass von ihrer Mietwohnung aus kein Drogenhandel betrieben wurde. Zudem haben die Mieter die erworbenen Betäubungsmitteln aufgrund ärztlicher Verschreibung erworben. Die Vermieter erhoben daraufhin Räumungsklage. Die Mieter beantragten die Abweisung der Klage, hilfsweise die Gewährung einer Räumungsfrist, gemäß § 721 ZPO.

Das Amtsgericht München (im Folgenden: AG) gab der Räumungsklage ohne Gewährung einer Räumungsfrist für die Mieter statt. Das AG konstatierte, dass die vorgefundene Menge an Marihuana einen üblicherweise für den Eigenverbrauch angelegten Vorrat übersteigt. Nach Auffassung des AG, haben die Mieter die Wohnung als Lagerort für die Vorräte genutzt. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die Mieter in der Wohnung Drogenkäufer oder -lieferanten empfangen haben. Dementsprechend verletzten die Mieter ihre Obhutspflicht, die Mietsache schonend und pfleglich zu behandeln sowie alles zu unterlassen, was zu einer, von dem ihm zustehenden vertragsgemäßen Gebrauch nicht umfassten, Verschlechterung oder einem Schaden an dieser führen kann. Allein das Besitzen eines verbotenen Betäubungsmittels, in dieser Menge, stellt eine Straftat dar, deren Aufbewahrung die Wohnung diente. Aufgrund der erheblichen Pflichtverletzung hat das AG den Mietern auch keine Räumungsfrist gewährt.

Die Mieter wendeten sich daraufhin mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe Versagungsbeschluss des AG München.

Handel mit Betäubungsmittel rechtfertig fristlose Kündigung

Ohne Erfolg! Das Landgericht München (im Folgenden: LG) wies die Beschwerde der Mieter ab. Das LG stellte fest, dass hinreichende Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung in zutreffender Weise nicht gegeben ist. Weiterhin konstatierte das LG, dass der Handel von der Wohnung aus oder in der Wohnung in beiden Fällen offenkundig eine gravierende vertragswidrige Nutzung der Wohnung darstellt.

Nach Auffassung des LG bestand kein Zweifel an der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung. In der Wohnung wurde, nach Überzeugung des LG, Handel mit Marihuana betrieben und in großem Maße Betäubungsmittel aufbewahrt, die im Rahmen einer polizeilichen Durchsuchung vorgefunden wurden. Eine Straftat kann dabei hinreichenden Bezug zum Mietverhältnis haben, wenn sie innerhalb des Mietobjekts begangen wird, was insbesondere bei der Aufbewahrung von Betäubungsmitteln zu bejahen ist.

Täter muss nicht Partei des Mietvertrags sein

Dabei spielt es keine Rolle, ob der Handel innerhalb oder außerhalb der Wohnung stattfindet und ob der Täter Partei des Mietvertrags ist. In diesem Fall war die Straftat einem Familienangehörigen, der Sohn der Mieterin, zuzuordnen, der längere Zeit in der Wohnung lebte.

Ungewisse, künftige Gesetzesänderungen sind für die mietrechtliche Beurteilung nicht von Belang

Ferner konstatierte das LG, dass hinsichtlich der mietrechtlichen Beurteilung es auf die aktuelle Rechtslage ankommt und nicht auf etwaige Legalisierungsdiskussionen beziehungsweise ungewisse, künftige Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit Marihuana.

Prozesskostenhilfe bei allein erfolgreichem Räumungsfristbewilligungsantrag

Das LG stellte zudem fest, dass keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, da die Rechtsverteidigung der Mieter keine Erfolgsaussicht hatte und die Gewährung einer Räumungsfrist lediglich eine Ergänzung der Entscheidung darstellt. Das LG konstatierte, dass das Aufbewahren von Drogen in der Wohnung zweifelslos eine vertragswidrige Nutzung und Verletzung der Obhutspflicht darstellt und zu einer fristlosen Kündigung berechtigt. Demnach führt ein Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO vorliegend nicht zu Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung. Da die Mieter primär Klageabweisung beantragte und insoweit keine Erfolgsaussicht in der Hauptsache bestehe und alle Verfahrenskosten auch von diesem Streit voll erfasst sind, wurde die Gewährung von Prozesskostenhilfe allein bezogen auf die Frage einer Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO abgelehnt.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil zeigt die Bedeutung einer vertragskonformen Nutzung des Mietobjekts und die Konsequenzen einer massiven vertragswidrigen Nutzung auf. Das Urteil stellt klar, dass eine Straftat innerhalb des Mietobjekts einen hinreichenden Bezug zum Mietverhältnis haben kann, unabhängig davon, ob der Straftäter eine Partei des Mietvertrags ist. Das Aufbewahren von einer großen Menge an Drogen in der Wohnung ist ein ausreichendes Indiz für Drogenhandel und berechtigt eine sofortige Kündigung der Wohnung. Dementsprechend gering sind die Erfolgschancen für die Abwehr einer Räumungsklage.

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RA Fabian Bagusche
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