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Das Amtsgericht Mitte bestärkte in seinem Urteil vom 17.07.2024 (Az: 21 C 298/23) den in § 566 BGB normierten Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete", indem der Mieterin, die durch den Vertrag vereinbarte Kündigungsbeschränkung bei einem Eigentümerwechsel erhalten blieben. Wird dem Mieter ein gegenüber den gesetzlichen Vorschriften privilegierter Bestandsschutz eingeräumt, genügt das in § 573 Abs.2 BGB genannte berechtigte Interesse des Vermieters nicht mehr. Es bedarf sodann eines besonderen Ausnahmefalles, so das Amtsgericht Mitte.
Sachverhalt
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Das zwischen der Mieterin, einer zwischenzeitlich ausgeschiedenen Person und einer Wohnungsbaugesellschaft bestehende Mietverhältnis wurde durch die Vermieterin aufgrund von Eigenbedarf zum 31.01.2024 gekündigt. Grund für diese Kündigung war, dass die Vermieterin eine Professur in Berlin erhalten hatte und nicht ständig zwischen Berlin und Hamburg, ihrem Hauptwohnsitz, pendeln wollte. Ein Auszug der Mieterin erfolgte jedoch nicht. Diese gab an, dass die Kündigung aufgrund von § 5 Abs. 3 des Mietvertrages unwirksam sei. So hieß es unter § 5 Abs. 3 MV, dass das Wohnungsunternehmen von sich aus das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen wird. Es kann jedoch in besonderen Ausnahmefällen das Mietverhältnis schriftlich unter Einhalten der gesetzlichen Fristen kündigen, wenn wichtige berechtigte Interesse des Wohnungsunternehmens eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen.
Mit ihrer Klage begehrte die Vermieterin die Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung.
Entscheidung des Gerichts
Die Klage der Vermieterin war erfolglos! Ihr stand gegen die Mieterin der geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch aus §§ 985, 546 Abs. 1 BGB nicht zu. Das Mietverhältnis über die streitgegenständliche Wohnung bestand ungekündigt fort
Der zwischen den ursprünglichen Mietvertragsparteien geschlossene Mietvertrag enthielt in § 5 Abs. 3 MV eine gesetzesverstärkende und die Mieterin privilegierende Bestandsschutzklausel. Die gesetzlichen Voraussetzungen wurden mit der Klausel derart verschärft, dass das in § 573 Abs. 2 BGB genannte „berechtigte Interesse" nicht ausreichte, sondern darüber hinaus ein besonderer Ausnahmefall vorliegen musste, in welchem wichtige Interessen der Vermieterin eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machten.
Der seitens der Vermieterin dargelegte Grund der Beschäftigung an einer Berliner Hochschule reichte für das vereinbarte besondere Kündigungsinteresse nicht aus. Zwar wurde dieser Mietvertrag zwischen der Mieterin und der Voreigentümerin geschlossen, wie die Vermieterin jedoch zutreffend darstellte, ist diese durch den Erwerb der Immobilie als Vermieterin in den vorbenannten Mietvertrag eingetreten. Gemäß § 566 BGB war sie somit ebenfalls an den § 5 Abs. 2 und Abs. 3 des Mietvertrages gebunden, sodass die erhöhten Anforderungen für eine wirksame Kündigung auch für sie galten. Somit waren keine wichtigen berechtigten Interessen der Vermieterin, die eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machten, ersichtlich. Der geltend gemachte Eigenbedarf war von geringfügiger Dringlichkeit, da er lediglich auf die Nutzung der Wohnung als Zweitwohnung gerichtet war.
Bedeutung für die Praxis
Dieses Urteil ist für Mieter und Vermieter in Berlin gleichermaßen bedeutsam, da viele "Altmietverträge" in Berlin derartige Bestandschutzregelungen beinhalten.
Wohnungserwerber sollten beim Eintritt in einen bereits bestehenden Vertrag sorgfältig prüfen welche vertraglichen Pflichten sie übernehmen und ob ein Eigenbedarf realisiert werden kann. Gemäß dem Grundsatz des § 566 BGB "Kauf bricht Miete nicht“, wird der neue Eigentümer grundsätzlich an alle im Mietvertrag enthaltenen Klauseln gebunden. Selbst wenn ein berechtigtes Interesse an einer Kündigung besteht, kann eine vertraglich vereinbarte Kündigungsbeschränkung diese verhindern, sofern nicht besondere Ausnahmefälle vorliegen.
Für Mieter stärkt das Urteil das Vertrauen in bestehende Mietverträge bei einem Eigentümerwechsel. Bei bereits vereinbarten Schutzklauseln zwischen den Mietern und den ehemaligen Vermietern schafft das Urteil eine erhöhte Planungssicherheit und Stabilität. Im Falle einer Kündigung sollten Mieter ihren Vertrag gründlich prüfen und sich auf bestehende Vereinbarungen berufen.