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Der Fall vor Gericht
Vermieter und Mieter stritten um die Herausgabe von Wohnräumen, nachdem die Mieter die Wohnräume, ohne die Einholung einer vorherigen Zustimmung des Vermieters, ihrem erwachsenen Sohn überlassene hatten.
Daraufhin erhob der Vermieter Räumungsklage vor dem Amtsgericht Berlin- Charlottenburg. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Mieter wurden wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung an Dritte zur Herausgabe der Wohnräume verurteilt. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts wandten sich die Mieter und legten Rechtsmittel ein.
Die Mieter machten im Rahmen der Berufung geltend, dass entgegen der Annahme des Amtsgerichts keine unbefugte Gebrauchsüberlassung an Dritte vorliege und damit weder ein Kündigungsgrund noch eine zu Schadensersatz verpflichtende Handlung gegeben sei.
Nach Auffassung der Mieter bleibe das Amtsgericht mit seiner These, die Wohnung müsse Lebensmittelpunkt des Mieters bleiben, in verfassungsrechtlicher Kollision mit Art. 6 GG und Art. 2 GG hinter der liberalen und zeitgemäßen Rechtsprechung des BGH zur Gebrauchsüberlassung an Dritte zurück und stelle damit unter Nichtbeachtung des Art. 3 Abs. 3 GG die Familie schlechter als Dritte, für die der Mieter bei Vorliegen eines berechtigten Interesses die Gestattung der Gebrauchsüberlassung gern. § 553 Abs. 1 BGB verlangen könne.
Gebrauchsüberlassung an Sohn des Mieters rechtfertigt fristlose Kündigung nicht
Mit Erfolg! Nach Auffassung des LG Berlin ist die Berufung der Mieter begründet.
Das Landgericht konstatierte, dass es bereits an einer vertragswidrigen Überlassung der Wohnung an Dritte i. S. v. §§ 540, 553 BGB und damit einem Kündigungsgrund i. S. d. §§ 543 Abs. 1, 2 Nr. 2, 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB fehle. Denn der Sohn der beklagten Mieter ist nicht Dritter i. S. d. §§ 540, 553 BGB.
Hierbei bekräftige das Landgericht die bereits höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätze des BGH. Dieser hatte bereits mehrfach entschieden, dass nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 540 BGB und wegen ihrer engen, unter den ausdrücklichen Schutz der Verfassung (Art. 6 GG) stehenden persönlichen Beziehung die Familie des Mieters vom Anwendungsbereich ausgenommen sei. Dies hatte das Amtsgericht verkannt.
Auch Ehepartner kein Dritter i.S.d. § 540 Abs. 1 BGB
Auch für Ehepartner hatte der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der Ehegatte des Mieters als Familienangehöriger auch dann grundsätzlich kein Dritter i.S.v. § 540 BGB sei, wenn der Mieter anlässlich der Trennung der Ehegatten aus der Wohnung ausziehe und sie dem anderen Ehegatten allein überlasse (BGH, Urt. v. 11.6.2013 - XII ZR 143/11). Maßgeblich sei insoweit allein die Frage, ob es sich nach wie vor um eine Ehewohnung handle.
Mitgewahrsam der Mieter an der Wohnung reicht für die Annahme einer „Familienwohnung“ aus
Dementsprechend war vorliegend nach Auffassung des Landgericht danach zu fragen, ob es sich bei der Gebrauchsüberlassung an den Sohn der beklagten Mieter nach wie vor um eine sog. „Familienwohnung“ handele, wobei hierfür offensichtlich nicht ausschlaggebend sein konnte, ob die beklaten Mieter noch - worauf das Amtsgericht unzutreffend abgestellt hatte – ihren Lebensmittelpunkt in der streitgegenständlichen Wohnung hatten.
Um einen Mieter, der einen Familienangehörigen aufnehmen will, nicht schlechter zu stellen als einen Mieter, der aus einem sonstigen berechtigten Interesse einen Teil seines Wohnraums einem Dritten überlassen will, ist von einer „Familienwohnung“ jedenfalls dann noch auszugehen, wenn es sich um eine Teilgebrauchsüberlassung i.S.v. § 553 Abs. 1 BGB handelt, so das Landgericht. Eine solche Teilgebrauchsüberlassung ist auch dann noch anzunehmen, wenn der Mieter weiterhin Mitgewahrsam ausübt, etwa indem er ein Zimmer für sich belegt, persönliche Gegenstände in der Wohnung lässt oder im Besitz von Schlüsseln ist.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Die Entscheidung zeigt, dass die Aufnahme von engen Familienangehörigen, insbesondere die Aufnahme der eigenen erwachsenen Kinder keiner Zustimmung des Vermieters bedarf. Eine unbefugte Gebrauchsüberlassung an Dritte ist nicht gegeben, denn es überwiegt der aus Art.6 GG resultierende Schutz der Familie.
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