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Mit Urteil vom 23.10.2024 (Az.: VIII ZR 106/23) stellte der BGH klar, dass gerade diese Wirkung des Nachholrechts des Mieters dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers entspricht, so dass der an Gesetz und Recht gebundene Richter diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen darf.
Sachverhalt
Die beklagten Mieter zahlten die Miete für die Monate Oktober 2019, Januar 2020 und Mai 2021 trotz mehrfacher Aufforderung seitens der Vermieterin nicht. Daraufhin sprach diese mit Schreiben vom 08.06.2021 die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus. Am 30.06.21 beglichen die Mieter die Mietrückstände. Die Vermieterin klagte dennoch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung. Das AG Berlin-Kreuzberg gab der Klage aufgrund der hilfsweisen ordentlich ausgesprochenen Kündigung statt, während die 66. Zivilkammer des LG Berlin die Klage abgewiesen hatte. Die Entscheidung ging durch alle Instanzen bis zum BGH.
Entscheidung des Gerichts
Der BGH bekräftigte das Urteil des AG Berlin-Kreuzberg (Az.: 17 C 90/22) das die ordentliche Kündigung der Vermieterin als wirksam erklärte. Das LG Berlin (66 S 258/22 (nicht rechtskräftig!)) hatte zuvor entschieden, dass eine Zahlung innerhalb der Schonfrist nicht nur die fristlose, sondern auch die ordentliche Kündigung unwirksam mache, soweit diese auf demselben Zahlungsrückstand beruhen. Als Begründung hatte es eine vermeintliche Regelungslücke im Gesetz aufgeführt und angegeben, dass es zu Wertungswidersprüchen kommen würde, wenn die ordentliche Kündigung trotz Zahlung wirksam wäre. Der BGH widersprach dieser Auffassung. Er stellte klar, dass die Wirkung der Schonfristzahlung ausschließlich die fristlose Kündigung betrifft. Eine auf denselben Rückstand gestützte ordentliche Kündigung bleibe unberührt. Dies entspreche eindeutig dem Willen des Gesetzgebers, sodass eine abweichende Beurteilung unzulässig sei.
Die in der Nichtzahlung liegende Pflichtverletzung werde also nicht allein durch die nachträgliche Zahlung geheilt. Eine auf den zum Kündigungszeitpunkt bestehenden Mietrückstand gestützte ordentliche Kündigung nach § 573 I 1 BGB, § 573 II Nr. 1 BGB kann trotz Nachzahlung immer noch wirksam sein.
Ob eine solche Pflichtverletzung als eine nicht unerhebliche Vertragsverletzung iSv § 573 II Nr. 1 BGB anzusehen ist, ist sodann im Rahmen einer Gesamtwürdigung durch das Tatgericht zu ermitteln. Dabei ist insbesondere die Dauer und Höhe des Zahlungsverzugs zu berücksichtigen. Zusätzlich führte der BGH an, dass eine auf § 242 BGB (Treu und Glauben) gestützte Berufung nur in Ausnahmefällen in Betracht komme – etwa, wenn sich die ordentliche Kündigung als treuwidrig erweisen würde. Ein solcher Fall lag nach Auffassung des Gerichts hier jedoch nicht vor.
Die aufgrund des Mietrückstands hilfsweise ordentliche ausgesprochene Kündigung der Vermieterin war somit wirksam und ihr stand der geltend gemachte Anspruch gegen die Mieter zu.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil zeigt auf, dass rechtspolitische Vorstellungen eines Richters Grenzen gesetzt sind und bei einem eindeutigen Willen des Gesetzgebers zurückzutreten haben. Durch die einheitliche Auslegung des Gesetzes soll die Gleichbehandlung der Beteiligten und die Rechtssicherheit gestärkt werden.
Im konkreten bedeutet das Urteil des BGH für Mieter, dass sie ihrer Mietzahlungspflicht nachzukommen haben und sie zwar mit einer Nachzahlung der Mietrückstände eine fristlose Kündigung abwehren können, ihnen jedoch der Schutz vor einer ordentlichen Kündigung nicht gewährt ist.
Für Vermieter ist das Urteil ebenso von hoher Bedeutung. So schafft es Klarheit bezüglich der Erfolgschancen von außerordentlichen bzw. ordentlichen Kündigungen. Selbst wenn ein Mieter die rückständige Miete ausgleicht, kann eine ordentliche Kündigung wirksam sein – sofern sie auf einer Pflichtverletzung beruht und korrekt ausgesprochen wurde.
