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Schadensersatzanspruch des Mieters nach vorgetäuschtem Eigenbedarf

von Fabian Bagusche

Dem gekündigten Mieter steht nach einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung ein Anspruch auf Auskunft gegen den Vermieter darüber zu, welche Miethöhe dieser von dem neuen Drittnutzer vereinnahmt, dem er die Wohnung entgegen der Darstellung in der Kündigung vermietet und überlassen hat (§ 242 BGB).

Das Landgericht Berlin entschied in seinem Urteil vom 28.02.2024 (Az.: 66 S 178/22), dass einem Mieter bei vorgetäuschtem Eigenbedarf nicht nur ein Schadensersatzanspruch zusteht, sondern auch ein Auskunftsanspruch über die Nachmiete. Das dabei erforderliche Rechtsschutzinteresse ergibt sich hierbei aus der Möglichkeit des früheren Mieters, einen vom Vermieter durch die Neuvermietung erzielten Mehrerlös nach § 285 Abs. 1 BGB herauszuverlangen.

Sachverhalt

Zwischen den Parteien bestand ursprünglich ein Mietverhältnis über eine Wohnung in Berlin. Aufgrund einer ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung der Vermieter im Juli 2015, erlangten diese nach Abschluss eines Räumungsprozesses die Wohnung im November 2018 zurück. Allerdings zog die Tochter der Vermieter nie in die Wohnung ein. Stattdessen schlossen die Vermieter im November 2021 ein Mietvertrag mit neuen Mietinteressenten und übergaben diesen die Wohnräume. Nachdem der ehemalige Mieter dies erfuhr, machte er vor dem AG Kreuzberg die ihm entstandenen Umzugskosten gegen seine damaligen Vermieter geltend. Das AG Kreuzberg verurteilte die Vermieter zur Zahlung. Hinsichtlich des nachträglich begehrten Auskunftsanspruchs wies das Amtsgericht die Klage jedoch ab. Es begründete dies damit, dass die Miethöhe der neuen Mieter für die Geltendmachung eines möglichen Schadensersatzanspruchs nicht erforderlich sei und der Anspruch daher unschlüssig sei.

Mit dem Berufungsverfahren begehrt der Mieter das klageabweisende Urteil des AG Kreuzberg umzuändern und seinen Auskunftsanspruch durchzusetzen.

Entscheidung des Gerichts

Die Berufung des Mieters hatte Erfolg. Der weiterverfolgte Auskunftsanspruch war gemäß § 242 BGB begründet und das klageabweisende Urteil war demgemäß abzuändern. Das Amtsgericht war zwar zurecht davon ausgegangen, dass der Auskunftsanspruch des Mieters sich allein aus § 242 BGB ergeben konnte, jedoch hatte es zu Unrecht die dafür maßgeblichen Voraussetzungen verneint. So sind Auskunftsansprüche aus § 242 BGB für eine Vielzahl von tatbestandlich umrissenen Fallgruppen anerkannt. Ein solcher Anspruch kann insbesondere dann bestehen, wenn zwischen dem Auskunftsfordernden und dem Auskunftsverpflichteten eine besonders rechtliche Beziehung besteht. Diese Rechtsbeziehung muss so ausgestaltet sein, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist, während der Inanspruchgenommene in der Lage ist, die verlangte Auskunft zu erteilen. Da der Mieter im vorliegenden Fall seine ihm zustehenden Rechte verfolgte, war die begehrte Auskunft entgegen der Annahme des AG Kreuzberg nicht irrelevant.

Zwischen den Parteien bestand aufgrund der unberechtigten Eigenbedarfskündigung ein besonderes Rechtsverhältnis. Der Mieter benötigte die Information über die neue Miethöhe, um seine Rechte beurteilen und mögliche Ansprüche aus § 285 I BGB geltend machen zu können.

285 I BGB verpflichtet den Schuldner, der aufgrund von Unmöglichkeit § 275 BGB von seiner Leistungspflicht befreit ist, einen dafür erhaltenen Ersatz herauszugeben. Durch die hier erfolgte Neuvermietung und der dauerhaften Überlassung an die Neumieter, hatten die Vermieter ihre Pflicht, dem früheren Mieter den Besitz wieder einzuräumen, dauerhaft unmöglich gemacht. Auch erzielten die Vermieter wirtschaftliche Vorteile, welche ohne den Besitzverlust des Mieters nicht entstanden wären. Der Mieter hatte bereits erstinstanzlich alle ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel ausgeschöpft, um die begehrte Auskunft zu erhalten. Da dies jedoch erfolglos blieb, war ihm die Unkenntnis auch nicht vorzuwerfen. Ebenso stand fest, dass die Miethöhe seitens der Vermieter mit Leichtigkeit bekannt gegeben werden konnte. Somit lagen die Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) vor, und der Mieter durfte die Auskunft über die Miethöhe der Nachmieter verlangen.

Bedeutung für die Praxis

Mit dem vorliegenden Urteil stärkt das LG Berlin den Schutz der Mieter, indem es aufzeigt, dass Vermieter, die eine Kündigung auf vorgetäuschten Eigenbedarf stützen, nicht nur schadensersatzpflichtig sind, sondern auch ihrem ehemaligen Mieter umfassende Auskunft über die neuen Mietverhältnisse erteilen müssen. Darüber hinaus können Mieter mögliche Ansprüche auf Herausgabe eines durch Neuvermietung erzielten Mehrerlöses des Vermieters geltend machen.

Die weitreichenden rechtlichen sowie finanziellen Konsequenzen könnten präventive Wirkung entfalten und Vermieter vor unberechtigten Eigenbedarfskündigungen abhalten.

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Fachanwalt Mietrecht & WEG Recht
RA Fabian Bagusche
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht
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