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Voraussetzungen an den Kündigungsgrund und der Beweisführung des Vermieters

von Fabian Bagusche

Lärmbelästigungen können einen Kündigungsgrund in Form einer nachhaltigen Störung des Hausfriedens darstellen, § 569 Abs. 2 BGB. Eine solche Störung liegt vor, wenn eine Mietpartei ihre Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme in schwerwiegender Weise verletzt und dadurch die anderen Mieter mehr als unvermeidlich stört. Zugleich kann es sich bei Lärmbelästigungen um erhebliche Pflichtverletzungen des Mieters im Sinne des § 573 Abs. 1 BGB handeln.

Im Fall des AG Köln vom 14.04.2025 (203 C 124/24) scheiterten jedoch die ausgesprochene fristlose Kündigung als auch die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB. Entscheidend war hier die fehlende Überzeugungskraft der von der Vermieterin benannten Zeugin, deren Aussagen für die Beweisführung aufgrund von Unglaubwürdigkeit nicht herangezogen werden konnten.

Sachverhalt

Die Parteien stritten über einen Anspruch auf Herausgabe und Räumung der Wohnung der Vermieterin. Mit Vertrag vom Januar 2021 schlossen sie einen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räume, welcher ausdrücklich auf eine hohe Raumschallübertragung im Gebäude hinwies, weshalb eine besondere Rücksichtnahme vereinbart worden war. 2022 bekamen die Mieter ein zweites Kind zudem zog der Cousin des Mieters mit in die Wohnung, weswegen die Mieter im Einvernehmen mit der Vermieterin monatlich um 40,00 € erhöhte Betriebskostenvorauszahlungen zahlten.

Eine am 21.03.2023 mit anwaltlichem Schreiben erklärte außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung stützte die Vermieterin darauf, dass die Mieter eine um 0,50 € monatlich zu geringer Miete zahlten, von ihnen eine erhebliche Lärmbelästigung ausgehe und Zweifel daran bestünden, dass die Mieter ihre Verpflichtung, die Adresse des Objektes nicht zu veröffentlichen, nachkämen. Zwar erfolgte eine Nachzahlung seitens der Mieter, allerdings kam es dennoch in den folgenden Monaten zu mehreren verbalen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien. 2024 erklärte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben erneut die fristlose und hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Mietverhältnisses. Die erneute Kündigungserklärung wurde wiederum auf angebliche Lärmbelästigungen der Mieter, die weitere (Mit-)Nutzung der Wohnung durch den Cousin des Beklagten, angebliche gewerbliche oder unentgeltliche Gebrauchsüberlassung an Dritte sowie angebliche – teils schon eingetretene, teils drohende – Beschädigungen der Mietsache durch die Beklagten, sowie die nicht rechtzeitige Anzeige von Mängeln gestützt.

Die Klägerin behauptet, die Wohnung der Beklagten werde in hohem Ausmaß durch vermeintliche Gäste frequentiert. Es finde so etwas wie Couchsurfing statt. Die Beklagten beherbergten teils über Wochen mehrere Personen in der Wohnung, mit denen bis in die Nachtstunden laut gefeiert und gepoltert werde. Dies geschehe ohne Rücksicht auf die Klägerin und die weiteren Mieter des Hauses. Die Vermieterin begehrte mit ihrer Klage die Mieter als Gesamtschuldner auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung zu verklagen.  

Entscheidung des Gerichts

Ohne Erfolg! Der Vermieterin stand der gegen die Mieter erhobene Anspruch auf Räumung und Herausgabe nach Auffassung des Amtsgericht Köln unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein derartiger Anspruch ergab sich weder aus § 546 Abs. 1 BGB noch aus § 985 BGB, weil der zwischen den beiden Parteien geschlossene Mietvertrag weder durch die Kündigungserklärung im Jahr 2023 noch durch die erneute Kündigung im Jahr 2024 beendet wurde. Den Kündigungen fehlte es an einem ausreichenden Kündigungsgrund.

Behauptete Lärmbelästigungen und Couchsurfing

Grundsätzlich können Lärmbelästigungen einen Kündigungsgrund in Form einer nachhaltigen Hausfriedensstörung darstellen, etwa bei nachhaltiger Störung des Hausfriedens. Dafür muss jedoch feststehen, dass die Geräuschimmissionen vertragswidrig sind, weil sie über das zumutbare Maß hinausgehen. Ausschlaggebend ist das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange. Dabei kann im Fall von Geräuschimmissionen aus dem häuslichen Bereich gerade auch die Sozialadäquanz der störenden Tätigkeit zu berücksichtigen sein, um einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden nachbarlichen Interessen herbeizuführen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, lag für das Gericht die Annahme, dass von der Wohnung der Mieterin nicht hinnehmbare Geräuschbeeinträchtigungen ausgingen, eher fern.

Zeugenaussagen

Kommt es bei der Überzeugungsbildung auf die Aussage eines Zeugen an, so ist es erforderlich in erster Linie Anhaltspunkte zu finden die dafürsprechen, dass die Auskunftsperson die Wahrheit sagt. Dafür wird die Nullhypothese herangezogen. Es wird also zunächst angenommen, die Aussage sei unwahr, was sodann überprüft wird. Ergibt sich, dass die Hypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen, und es gilt die Alternativhypothese, nämlich dass es sich um eine wahre Aussage handelt. Dies bedeutet, dass jede Zeugenaussage so lange als unzuverlässig gilt, als die Nullhypothese nicht eindeutig widerlegt ist. Ausgehend hiervon war die Aussage der Zeugin der Vermieterin nicht als zuverlässig zu werten. Die Aussage der Zeugin wich teils deutlich vom schriftlichen Vortrag der Vermieterin ab. Auch konnte die behauptete Häufigkeit ihrer Besuche in der Wohnung der Klägerin objektiv nicht zutreffen. Zudem erschien es dem Gericht unglaubwürdig, dass die Zeugin regelmäßig und über Stunden in einer Wohnung mit angeblich „unerträglichem Lärm“ verweilte, ohne sich einen anderen Ort zum Treffen zu suchen. Aus Sicht des Gerichts war die Aussage der Zeugin nicht geeignet, die Null-hypothese zu entkräften. Damit wurde ihre Aussage nicht als zuverlässig eingestuft und konnte für die Beweisführung nicht herangezogen werden. Die weiteren Zeugen hatten demgegenüber die von der Klägerin geschilderten Geräusche aus der Wohnung der Beklagten nicht hinreichend bestätigt.  Auch hinsichtlich angeblicher Beschädigungen oder drohender Gefährdungen der Mietsache durch die Mieter oder deren Besucher konnte die Vermieterin keine konkreten oder glaubhaften Beweise liefern.

Cousin des Mieters

Die Kündigungen konnten auch nicht auf die Nutzung der Mietsache durch den Cousin des Mieters gestützt werden. Der Nutzung wurde seitens der Vermieterin zugestimmt, wobei die Mieter ohnehin einen Anspruch auf die Zustimmung nach § 553 BGB gehabt hätten. Gründe in der Person des Cousins des Mieters sprachen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht gegen die teilweise Überlassung der Mietsache an den Cousin. Mit Blick auf diesen Anspruch war die Vermieterin auch nicht berechtigt, ihre Zustimmung nachträglich zu widerrufen und hierauf eine Kündigung zu stützen.

Zahlungsverzug

Die von der Klägerin in den Kündigungserklärungen angeführten Zahlungsrückstände bzw. Unterzahlungen rechtfertigen weder eine außerordentliche fristlose Kündigung noch eine ordentliche Kündigung. Die vorgeworfenen Zahlungsrückstände erreichten keine Höhe, die nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden. Auch von einer Höhe, die eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB rechtfertigen würden, waren sie weit entfernt.

Bedeutung für die Praxis

Die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung wegen Störung des Hausfriedens sind hoch. Es reicht nicht aus, dass sich eine Partei gestört fühlt. Vielmehr ist erforderlich, dass eine nachweislich erhebliche und nachhaltige Störung vorliegt, die auch objektiv nicht hinnehmbar ist. Die Beweisführung obliegt dabei dem Vermieter. Wichtige Beweismittel können dabei Lärmprotokolle und Zeugenaussagen sein. Zeugenaussagen können für die gerichtlichen Überzeugungsbildung entscheidend sein, müssen aber glaubhaft, widerspruchsfrei und mit den übrigen Beweismitteln übereinstimmen.

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RA Fabian Bagusche
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